Fulda, Stadtschloss

Gedenktafel für die Fuldaer Sinti und Roma
  • Eingangsportal des Stadtschlosses (Foto: Andreas Pflock)
  • Östlicher Bereich des Innenhofs, heute Stadtverwaltung (Foto: Andreas Pflock)
  • Gedenktafel in der Tordurchfahrt zum östlichen Teil des Innenhofs (Foto: Andreas Pflock)
  • Gedenktafel in der historischen Tordurchfahrt (Foto: Andreas Pflock)
  • Detailansicht der Gedenktafel (Foto: Andreas Pflock)

Kurzinformation

Gedenktafel für die Fuldaer Sinti und Roma

Beschreibung

Die Gedenktafel befindet sich im östlichen Bereich des ehemaligen Renaissanceschlosses, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts zur Residenz der Fuldaer Fürstäbte umgebaut worden war. Während der NS-Zeit erfolgte hier die rassistische Erfassung der Sinti und Roma, die den Weg zum VölkermordVölkermord Bezeichnung für die vorsätzliche Ermordung, Ausrottung oder anderweitige Vernichtung von Volksgruppen aufgrund ihrer vermeintlich rassischen, ethnischen oder sozialen Merkmale, ihrer Nationalität oder religiösen Überzeugungen. 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen einen völkerrechtlichen Vertrag über die Verhütung und die Bestrafung von Völkermorden. ebnete. In Höhe des Heertorplatzes führt von der Schlossstraße eine Durchfahrt in den Innenhof des Schlosses, das heute von der Stadtverwaltung u.a. als Bürgerbüro und Haupt- und Personalamt sowie als Museum genutzt wird. In der Durchfahrt links neben dem Eingang zum Ortsgericht und Schiedsamt wurde die Gedenktafel mit folgender Inschrift angebracht:

„Zum Gedenken an die Fuldaer Sinti und Roma, deren rassistische Erfassung im Stadtschloss erfolgte und von denen die meiste in den Vernichtungslagern ermordet wurden. Insgesamt fielen dem Völkermord über 500.000 Sinti und Roma zum Opfer.
Der Magistrat der Stadt Fulda Dezember 1995.“

Entstehung

Die Initiative zur Erinnerung an die deportierten Fuldaer Sinti und Roma ging vom hessischen Landesverband Deutscher Sinti und Roma aus. Bei einem persönlichen Gespräch zwischen dem Vorsitzenden, Adam Strauß, und dem Fuldaer Oberbürgermeister Wolfgang Hamberger am 24. Januar 1994 erörterten die beiden Gesprächspartner, wie im Sinne von Aussöhnung und Verständigung der Fuldaer Sinti und Roma gedacht werden könnte. Auf der Agenda standen neben den Planungen für eine zentrale Gedenkveranstaltung auch Überlegungen zur Errichtung einer Gedenktafel.

Am 5. November 1994 konnte im Stadtschloss die Ausstellung „Sinti und Roma – Bürger dieses Staates“ eröffnet werden, die von einer Gedenkfeier im historischen Fürstensaal umrahmt wurde. Adam Strauß erneuerte in seiner Ansprache die Forderung an die Stadt, als öffentlich sichtbares Zeichen zur Erinnerung an die Deportierten eine Gedenktafel zu schaffen. Nachdem der Oberbürgermeister diese zunächst mit der Begründung ablehnte, dass eine bereits bestehende Tafel für alle Opfer und Verfolgten des Krieges an der städtischen Michaelskirche ausreichend sei, lenkte die Stadtverwaltung nach weiterem Protest des Landesverbands schließlich ein. Nach Wiesbaden, Frankfurt und Marburg war Fulda damit die dritte hessische Stadt, die an ermordete Sinti und Roma erinnerte.

Oberbürgermeister Hamberger betonte in seiner Ansprache: „Auch im Falle der Sinti und Roma kann es nicht um Wiedergutmachung im Sinne des Wortes gehen, weil solches Unrecht nicht mehr wieder gut gemacht werden kann. […] Es muss ein Klima erzeugt werden, in dem sich Sinti und Roma nicht nur rechtsstaatlich gesichert und in ihren Familien […] geborgen fühlen, sondern dass ihnen auch das Bewusstsein vermittelt, in der Lebenswirklichkeit unseres Landes nicht länger Fremde zu sein.“

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Erinnern wahrt die Würde der Opfer. OB empfing Landeschef der Sinti und Roma, Fuldaer Zeitung vom 14.1.1994
Trauer und Hoffnung. Gedenkfeier für die Sinti und Roma im Fürstensaal, Fuldaer Zeitung vom 7.11.1994
Denkanstöße geben, Bewusstsein prägen. Gedenkplatte am Durchgang zum Schlosshof, Fuldaer Zeitung 15.12.1995

Engbring-Romang, Udo: Fulda. Auschwitz. Zur Verfolgung der Sinti in Fulda, Darmstadt 1996.
Magistrat der Stadt Fulda (Hrsg.): Sinti und Roma. Opfer der Verfolgung und des Völkermords (Dokumentationen zur Stadtgeschichte Nr. 18), Fulda 1995.

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und akzeptiert.