Offenbach, Niedergasse

Stolpersteine zur Erinnerung an Therese und Rosa Kessler
  • Die beiden Stolpersteine für Therese Kessler und ihre Tochter Rosa (Foto: Manfred Rößmann)
  • Verlegungsort der Stolpersteine vor dem Haus in der Niedergasse (Foto: Manfred Rößmann)
  • Reinigung der Stolpersteine durch Mitglieder der Geschichtswerkstatt Offenbach, Ende August 2024 (Foto: Geschichtswerkstatt Offenbach)
  • Detailansicht des Stolpersteins für Rosa Kessler (Foto: GeorgDerReisende/Wikimedia)
  • Detailansicht des Stolpersteins für Therese Kessler (Foto: GeorgDerReisende/Wikimedia)

Kurzinformation

Stolpersteine zur Erinnerung an Therese und Rosa Kessler

Beschreibung

Die Stolpersteine befinden sich rund drei Kilometer nord-östliche des Stadtzentrums im Offenbacher Stadtteil Bürgel, unweit des Mainufers. Sie bestehen aus Betonsteinen mit verankerten ca. 10 x 10 cm großen Messingplatten und tragen die folgenden mit Schlagbuchstaben eingehämmerten Inschriften:

„Hier wohnte Rosa Kessler, JG. 1942, deportiert 1943, Zigeunerlager Auschwitz-Birkenau, ermordet 1.7.1943“
„Hier wohnte Therese Kessler, geb. Jochum, JG. 1913, deportiert 1943, Zigeunerlager Auschwitz-Birkenau, befreit“

Therese Kessler (geb. Jochum) kam am 14. Januar 1913 zur Welt. Mit ihrem Mann Josef Kessler zog sie nach Offenbach, wo ihre Tochter Rosa am 23. Februar 1939 im Hindenburgring 66 geboren wurde. Nach der Geburt des Mädchens wohnte die Familie für kurze Zeit bei Thereses Verwandten in die Niedergasse 41. Wenig später erfolgte ein Umzug nach Halle. Dort wurden die Eltern Anfang März 1943 verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Josef Kessler starb dort Ende Dezember 1943. Die damals vier Jahre alte Rosa wurde von ihren Eltern getrennt und im Oktober nach Auschwitz verschleppt. Wo sie zwischenzeitlich untergebracht war, ließ sich bis heute nicht aufklären. Angesichts der in Auschwitz herrschenden menschenverachtenden Bedingungen hatte das kleine Mädchen keine Überlebenschancen. Sie starb in Auschwitz im Februar 1944. Therese Kessler wurde von Auschwitz in die KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Ravensbrück und Buchenwald verschleppt. 1945 wurde sie befreit und kehrte nach Offenbach in die Niedergasse 41 zurück.

Entstehung

Die aus Spendengeldern finanzierten Stolpersteine für Therese und Rosa Kessler wurden von der Geschichtswerkstatt Offenbach initiiert, die seit 2006 die Verlegung und Pflege von Stolpersteinen koordiniert. Unterstützt wird dieses ehrenamtliche Engagement vom Ver.di Kreisvorstand Offenbach. Gabriele Hauschke-Wicklaus ist es zu verdanken, dass die wenigen noch greifbaren Informationen zur Lebens- und Verfolgungsgeschichte der Familie Kessler zusammengetragen und dokumentiert wurden.

Gunter Demnigs Idee zur Entstehung der Stolpersteine geht u.a. auf zwei Aktionen zurück, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erinnerung an die Verfolgung von Sinti und Roma standen. Anlässlich des 50. Jahrestags der ersten DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. der Kölner Sinti und Roma im Mai 1940 zeichnete Gunter Demnig 1990 eine Kreidespur von ihren Wohnorten bis zum Sammellager in den Kölner Messehallen. Am 16. Dezember 1992 verlegte der Künstler vor dem Alten Kölner Rathaus eine Messingplatte im Pflaster. Sie erinnerte an den 50. Jahrestag des Befehls Heinrich Himmlers zur Deportation der Sinti und Roma in das KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz-Birkenau.

1996 verlegte Gunther Demnig die ersten Stolpersteine in Berlin. Mit den im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln wird an Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden.  Die Stolpersteine werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Verfolgten in den Gehweg eingelassen.

Bis heute erinnern über 100.000 Steine in Deutschland und über 30 weiteren europäischen Ländern an Opfer des Nationalsozialismus. Damit sind die Stolpersteine zum größten dezentralen Mahnmal der Welt geworden.

Gestaltung

Gunther Demnig wurde 1947 in Berlin geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1967 studierte er zunächst Kunstpädagogik und Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Berlin und Kunstpädagogik an der Gesamthochschule Kassel. Dort legte er das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern „Bildende Kunst“ und „Werken“ ab. Nach einem Studium „Freie Kunst“ an der Universität Kassel von 1974 bis 1977 arbeitete er zunächst im Bereich der Denkmalsanierung sowie zwischen 1980 und 1985 als künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Kunst der Universität Kassel.

Seit 1985 unterhält er ein Atelier in Köln. Gunter Demnig ist seit 1987 Mitglied im Internationalen Künstlergremium. Dieser Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren und Kritikern setzt sich für Kunst-, Informations- und Pressefreiheit sowie für kulturelle Selbstbestimmung, Toleranz und kulturelle Vielfalt ein. Nach den Aktionen zur Erinnerung an die Deportation von Sinti und Roma in den Jahren 1990 und 1992 entwarf Gunther Demnig 1993 das Projekt „Stolpersteine“. 1996 fand die erste Steinverlegung in Berlin-Kreuzberg statt, die zu dem Zeitpunkt noch nicht genehmigt war und erst später legalisiert wurde.

Für sein Projekt „Stolpersteine“ erhielt Gunther Demnig zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2004 die Herbert-Wehner-Medaille der Gewerkschaft ver.di, 2006 den Bertini-Preis der Stadt Hamburg und 2011 die Otto-Hirsch-Medaille der Stadt Stuttgart. Im Jahr 2008 wurde er mit dem Titel „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet. Gunther Demnig lebt in Frechen bei Köln.

Internetseite von Gunter Demnig http://www.gunterdemnig.de/

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Heßberg, Katja: Offenbach. Die Broschüre „Stolpersteine – gegen das Vergessen“ erinnert an die Ermordeten des NS-Regimes, in: Rhein Main Verlag vom 23.2.2022, https://www.rheinmainverlag.de/2022/02/23/offenbach-die-broschuere-stolpersteine-gegen-das-vergessen-erinnert-an-die-ermordeten-des-ns-regimes/ am 25.09.2024

Leissing, Barbara: Offenbacher Stolpersteine. Gegen das Vergessen, Offenbach 2021

Für die freundliche Unterstützung sowie die zur Verfügung gestellten Informationen, Materialien und Fotos danken wir der Geschichtswerkstatt Offenbach (Barbara Leissing und Gabriele Hauschke-Wicklaus). Manfred Rößmann und „GeorgderReisende“ auf Wikimedia danken wir für die freundliche Nutzungserlaubnis ihrer Fotoaufnahmen.

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