Beschreibung
Die Stolpersteine befinden sich in der historischen Bamberger Altstadt, rund 200 Meter nord-westlich des Bamberger Doms und vor dem Eingang der heutigen Domschule (Grundschule). Die insgesamt acht Stolpersteine bestehen aus Betonsteinen mit verankerten ca. 10 x 10 cm großen Messingplatten und tragen die folgenden mit Schlagbuchstaben eingehämmerten Inschriften:
„Aslan Seeger, JG. 1925, deportiert 1943, Auschwitz, 1944 Buchenwald, befreit, Dora-Sangershausen“
„Erwin Seeger, JG. 1927, deportiert 1943, Auschwitz, 1944 Buchenwald, befreit, Dora-Sangershausen“
„Friedel Seeger, JG. 1926, deportiert 1943, Auschwitz, 1944 Buchenwald, befreit, Dora-Sangershausen“
„Hans Seeger, JG. 1931, deportiert 1943, Auschwitz, 1944 Buchenwald, 1945 Flossenbürg, auf Transport Dachau, befreit“
„Johnny Seeger, JG. 1940, deportiert 1943, Auschwitz, ermordet 1943“
„Klara-Mia Seeger, geb. Emler, JG. 1902, deportiert 1943, Auschwitz, ermordet 1943“
„Loni Seeger, JG. 1936, deportiert 1943, ermordet in Auschwitz“
„Paul Seeger, JG. 1902, deportiert 1943, Auschwitz, im Widerstand 16.05.1944, Aufstand „Zigeunerlager“, 1944 Buchenwald, 1945 Flossenbürg, auf Transport Dachau, befreit“
Neben den Stolpersteinen wurde ergänzend eine 20 x 20 cm große Stolperschwelle mit folgender Inschrift verlegt: „16. Dezember 1942, der Himmlerbefehl, sog. Auschwitz-ErlassAuschwitz-Erlass Am 16. Dezember 1942 unterzeichnete Heinrich Himmler, der Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei, den sogenannten „Auschwitz-Erlass“, der die familienweise Deportation von Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau anordnete. Wenig später ergingen entsprechende Befehle für Österreich, den Bezirk Białystok, Elsass und Lothringen, Luxemburg, Belgien sowie die Niederlande. Ab Februar 1943 wurden annähernd 23.000 Sinti und Roma nach Auschwitz-Birkenau deportiert, der größte Teil (etwa 10.000 Männer, Frauen und Kinder) stammte aus dem Reichsgebiet., DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. der Sinti und Roma nach Auschwitz, für viele ein Todesurteil, in Bamberg wohnte die Sinti-Familie Seeger“. Im Gegensatz zu den personenbezogenen Stolpersteinen verweist die Stolperschwelle als gruppenbezogener Erinnerungsort auf die Verfolgung der Sinti und Roma.
Im ersten Stock des Gebäudes der heutigen Domschule (Grundschule) wurden die überlebenden Angehörigen der Familie Bamberger zwischen 1947 und 1949 einquartiert. Später zog die Familie in eine Wohnung in der Margaretendammstraße. Vor ihrer Deportation nach Auschwitz hatten Klara und Paul Seeger zusammen mit ihren sechs Kindern in Zoppot bei Danzig gelebt. Als die Familie im KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". auseinandergerissen wurde, hatten Eltern und Kinder Rattelsdorf bei Bamberg als Treffpunkt vereinbart, um sich wiederzufinden. Dort lebten Verwandte von ihnen.
Entstehung
Die Verlegung der Steine wurde von der VVN/BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) gemeinsam mit der Familie Seeger initiiert, finanziert und unterstützt. Paul Seeger selbst war zudem bereits 1947 Mitglied in der VVN geworden. In Zusammenarbeit mit der Willy-Aron-Gesellschaft e.V., die in Bamberg die Organisation der Stolperstein-Verlegungen koordiniert, konnte das Vorhaben realisiert werden. Die Stolpersteine für die Familie Seeger waren die ersten für die Verfolgtengruppe der Sinti und Roma in Bamberg. Bei der Verlegungszeremonie, die musikalisch vom „Gypsi Trio“ umrahmt wurde, hielt René Daniel als Schwiegersohn von Hans Seeger einen Redebeitrag zur Verfolgung seiner Familienangehörigen. Zur vertiefenden inhaltlichen Auseinandersetzung veröffentlichte die VVN/BdA in Kooperation mit Angehörigen der Familie Seeger eine Broschüre, die an die Verfolgung der Sinti und Roma in der NS-Zeit dokumentiert und das Schicksal der Familie nachzeichnet.
Gunter Demnigs Idee zur Entstehung der Stolpersteine geht u.a. auf zwei Aktionen zurück, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erinnerung an die Verfolgung von Sinti und Roma standen. Anlässlich des 50. Jahrestags der ersten Deportation der Kölner Sinti und Roma im Mai 1940 zeichnete Gunter Demnig 1990 eine Kreidespur von ihren Wohnorten bis zum Sammellager in den Kölner Messehallen. Am 16. Dezember 1992 verlegte der Künstler vor dem Alten Kölner Rathaus eine Messingplatte im Pflaster. Sie erinnerte an den 50. Jahrestag des Befehls Heinrich Himmlers zur Deportation der Sinti und Roma in das KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz-Birkenau.
1996 verlegte Gunther Demnig die ersten Stolpersteine in Berlin. Mit den im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln wird an Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden. Die Stolpersteine werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Verfolgten in den Gehweg eingelassen.
Bis heute erinnern über 100.000 Steine in Deutschland und 30 weiteren europäischen Ländern an Opfer des Nationalsozialismus. Damit sind die Stolpersteine zum größten dezentralen Mahnmal der Welt geworden.
Gestaltung
Gunther Demnig wurde 1947 in Berlin geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1967 studierte er zunächst Kunstpädagogik und Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Berlin und Kunstpädagogik an der Gesamthochschule Kassel. Dort legte er das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern „Bildende Kunst“ und „Werken“ ab. Nach einem Studium „Freie Kunst“ an der Universität Kassel von 1974 bis 1977 arbeitete er zunächst im Bereich der Denkmalsanierung sowie zwischen 1980 und 1985 als künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Kunst der Universität Kassel.
Seit 1985 unterhält er ein Atelier in Köln. Gunter Demnig ist seit 1987 Mitglied im Internationalen Künstlergremium. Dieser Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren und Kritikern setzt sich für Kunst-, Informations- und Pressefreiheit sowie für kulturelle Selbstbestimmung, Toleranz und kulturelle Vielfalt ein. Nach den Aktionen zur Erinnerung an die Deportation von Sinti und Roma in den Jahren 1990 und 1992 entwarf Gunther Demnig 1993 das Projekt „Stolpersteine“. 1996 fand die erste Steinverlegung in Berlin-Kreuzberg statt, die zu dem Zeitpunkt noch nicht genehmigt war und erst später legalisiert wurde.
Für sein Projekt „Stolpersteine“ erhielt Gunther Demnig zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2004 die Herbert-Wehner-Medaille der Gewerkschaft ver.di, 2006 den Bertini-Preis der Stadt Hamburg und 2011 die Otto-Hirsch-Medaille der Stadt Stuttgart. Im Jahr 2008 wurde er mit dem Titel „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet. Gunther Demnig lebt in Frechen bei Köln.
Internetseite von Gunter Demnig http://www.gunterdemnig.de/
Quellenangaben
Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte
Martin, Sebastian: Vom bewegenden Schicksal einer Sinti-Familie, in: Fränkischer Tag vom 2.11.2021, https://www.fraenkischertag.de/lokales/bamberg/politik/vom-schicksal-einer-sinti-familie-art-90388 am 25.09.2024
VVN/BdA Bamberg (Hrsg.): Der Leidensweg der Familie Paul Seeger. Verlegung der Stolpersteine am 30.10.2021 in Bamberg, Obere Karolinenstraße 2, Bamberg 2021
Wir danken der VVN/BdA Kreisvereinigung Bamberg sowie Arappathor/Wikimedia für die Nutzungserlaubnis der hier verwendeten Abbildungen.