Frankfurt, Kannengießergasse

Stolperstein zur Erinnerung an die Sintiza Kunigunde Klein
  • Stolperstein für Kunigunde Klein (Foto: Andreas Pflock)
  • Zugang zum Hainer Hof neben dem Ort des Stolpersteins (Foto: Andreas Pflock)
  • Blick von der Fahrgasse durch die Kannengießergasse zum Dom (Foto: Andreas Pflock)
  • Detailansicht des Stolpersteins (Foto: Andreas Pflock)
  • Gunter Demnig bei der Verlegung des Stolpersteins (Foto: Studienkreis Deutscher Widerstand)
  • Stolperstein am Tag der Verlegung (Foto: Studienkreis Deutscher Widerstand)

Kurzinformation

Stolperstein zur Erinnerung an die Sintiza Kunigunde Klein

Beschreibung

Der Stolperstein für Kunigunde Klein befindet sich in der Frankfurter Altstadt, nur wenige Meter östlich des Doms. Dort trägt ein sehr kurzer Straßenabschnitt von der Fahrgasse zum Domplatz den Namen Kannengießergasse. Der Stolperstein befindet sich in Blickrichtung auf den Dom auf der rechten Straßenseite, vor dem Zugang zum Hainer Hof.

Der Stolperstein besteht aus einem Betonstein mit verankerter ca. 10 x 10 cm großer Messingplatte und trägt die folgende mit Schlagbuchstaben eingehämmerte Inschrift:
„Hier wohnte Kunigunde Klein, Jg. 1884, verhaftet 1940, Ravensbrück, ermordet“

Entstehung

Die Initiative zur Verlegung des Stolpersteins ging vom in Frankfurt ansässigen „Studienkreis Deutscher Widerstands 1933-1945“ aus. Dieser war im Rahmen seines Forschungsprojektes zu Lebensgeschichten von nach Ravensbrück deportierten Frankfurterinnen auf ihr Schicksal gestoßen. Der Kunigunde Klein gewidmete Stolperstein war zudem der erste in Frankfurt, der für Angehörige aus der Gruppe der Sinti und Roma verlegt wurde.

Die „Stolpersteine“ sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Sie gehen u.a. auf zwei Aktionen zurück, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erinnerung an die Verfolgung von Sinti und Roma standen. Anlässlich des 50. Jahrestags der ersten DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. der Kölner Sinti und Roma im Mai 1940 zeichnete Gunter Demnig 1990 eine Kreidespur von ihren Wohnorten bis zum Sammellager in den Kölner Messehallen. Am 16. Dezember 1992 verlegte der Künstler vor dem Alten Kölner Rathaus eine Messingplatte im Pflaster. Sie erinnerte an den 50. Jahrestag des Befehls Heinrich Himmlers zur Deportation der Sinti und Roma in das KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz-Birkenau.

1996 verlegte Gunther Demnig die ersten Stolpersteine in Berlin. Mit den im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln wird an Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden.  Die Stolpersteine werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Verfolgten in den Gehweg eingelassen. Bis heute erinnern über 75.000 Steine in Deutschland und 23 weiteren europäischen Ländern an Opfer des Nationalsozialismus. Damit sind die Stolpersteine zum größten dezentralen Mahnmal der Welt geworden.

Gestaltung

Gunther Demnig wurde 1947 in Berlin geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1967 studierte er zunächst Kunstpädagogik und Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Berlin und Kunstpädagogik an der Gesamthochschule Kassel. Dort legte er das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern „Bildende Kunst“ und „Werken“ ab. Nach einem Studium „Freie Kunst“ an der Universität Kassel von 1974 bis 1977 arbeitete er zunächst im Bereich der Denkmalsanierung sowie zwischen 1980 und 1985 als künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Kunst der Universität Kassel.

Seit 1985 unterhält er ein Atelier in Köln. Gunter Demnig ist seit 1987 Mitglied im Internationalen Künstlergremium. Dieser Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren und Kritikern setzt sich für Kunst-, Informations- und Pressefreiheit sowie für kulturelle Selbstbestimmung, Toleranz und kulturelle Vielfalt ein. Nach den Aktionen zur Erinnerung an die Deportation von Sinti und Roma in den Jahren 1990 und 1992 entwarf Gunther Demnig 1993 das Projekt „Stolpersteine“. 1996 fand die erste Steinverlegung in Berlin-Kreuzberg statt, die zu dem Zeitpunkt noch nicht genehmigt war und erst später legalisiert wurde.

Für sein Projekt „Stolpersteine“ erhielt Gunther Demnig zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2004 die Herbert-Wehner-Medaille der Gewerkschaft ver.di, 2006 den Bertini-Preis der Stadt Hamburg und 2011 die Otto-Hirsch-Medaille der Stadt Stuttgart. Im Jahr 2008 wurde er mit dem Titel „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet. Gunther Demnig lebt in Frechen bei Köln.
Internetseite von Gunter Demnig 

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Busmann, Petra/Kraus-Schmitt, Ursula u.a.: Frankfurt am Main – Frauen KZ Ravensbrück. Lebensspuren verfolgter Frauen, hrsg. vom Studienkreis Deutscher Widerstand, Bad Homburg 2009, S. 52f.
Hesse, Hans: Stolpersteine. Idee, Künstler, Geschichte, Essen 2017.
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Hrsg.): Stolpersteine. Gunter Demnig und sein Projekt, Köln 2007.
Initiative Stolpersteine Frankfurt am Main (Hrsg.): 7. Dokumentation 2009, Frankfurt 2010, S. 24.

Wir danken dem Studienkreis Deutscher Widerstand für die freundliche Nutzungserlaubnis der Abbildungen von der Stolpersteinverlegung.

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