Gifhorn, Johann-Trollmann-Halle

Benennung des Boxsportzentrums nach Johann Trollmann
  • (Foto: Stadt Gifhorn)
  • Tafeln mit Hintergrundinformationen (Foto: Stadt Gifhorn)
  • Namen- und Infotafel neben dem Eingang in die Boxhalle (Foto: Stadt Gifhorn)

Kurzinformation

Benennung des Boxsportzentrums nach Johann Trollmann

Beschreibung

Die Johann-Trollmann-Halle, zuvor Gifhorner Boxmühle, ist Sitz des Gifhorner Box Clubs, Olympia- und Bundesstützpunkt und gehört der Stadt Gifhorn. Sie befindet sich in der Gifhorner Innenstadt unweit des Rathauses und des Schlosses, etwa 4 Kilometer nördlich des DB-Bahnhofs und 1,3 Kilometer nördlich des Regionalbahnhofs Gifhorn-Stadt. An der zur Konrad-Adenauer-Straße gelegenen Fassadenseite und neben dem über eine Treppe erreichbaren Eingang ins Gebäude wurden zwei Tafeln aus Dibond-Verbundplatten anlässlich der Namensgebung angebracht. Ein ca. 4 x 0,6 Meter großes Schild trägt die Aufschrift „Johann-Trollmann-Halle“. Eine weitere Tafel in der Größe von 1,2 x 0,5 Metern enthält folgende erläuternde Angaben:

„Johann Trollmann
Johann ‚Rukeli‘ Trollmann wurde am 27.12.1907 als Sohn einer Sinto-Familie in Wilsche geboren. Er wuchs in Hannover auf und wurde dort ein erfolgreicher Amateurboxer. 1929 wechselte er ins Profi-Lager, da er wegen seiner Herkunft von der Nominierung zu den Olympischen Spielen 1932 ausgeschlossen worden war. Sein größter sportlicher Erfolg, der Titel ‚Deutscher Meister im Halbschwergewicht 1933“, wurde ihm wenige Tage später wegen seines ‚undeutschen Boxstils‘ wieder aberkannt. Ab 1942 war Johann Trollmann im KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Neuengamme inhaftiert. Im Außenlager Wittenberge dieses Konzentrationslagers wurde er am 9.2.1944 grausam erschlagen. Im Jahr 2003 hat der Bund Deutscher Berufsboxer Rukeli Trollmann den Deutschen Meistertitel nachträglich zuerkannt. Der Rat der Stadt Gifhorn hat zur Ehrung dieses großen Sportlers unserer Stadt am 17. Juni 2019 beschlossen, der Gifhorner Boxmühle den Namen ‚Johann-Trollmann-Halle‘ zu verleihen.“

Entstehung

Der Anstoß, an den im Gasthaus „Deutscher Heinrich“ im heutigen Gifhorner Ortsteil Wilsche geborenen Boxer Johann Trollmann zu erinnern, ging im Dezember 2017 vom städtischen Bündnis „Bund statt Braun“ aus. Bei einer Vortragsveranstaltung mit Trollmanns Großneffen Manuel Trollmann entstand zunächst die Überlegung – ähnlich wie in Hannover – eine Straße nach dem im KZ Neuengamme ermordeten Boxprofi zu benennen.

Im Jahr 2019 konkretisierte sich dieser Gedanke in veränderter Form:  Die Stadtratsfraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen stellten am 7. Mai den gemeinsamen Antrag die „Gifhorner Boxmühle“ nach Rücksprache mit dem Vorstand des Gifhorner Boxclubs zum nächstmöglichen Zeitpunkt in „Johann-Trollmann-Halle“ umzubenennen. In der Antragsbegründung führten die Initiatoren an: „Johann ‚Rukeli‘ Trollmann ist am 27.12.1907 nachweisbar in Wilsche geboren. […] Die Namensänderung könnte als Schritt der aktuellen Aufarbeitung der Gifhorner Geschichte erfolgen.“ Der Verwaltungsausschuss der Stadt sprach sich am 6. Juni für eine Benennung aus, und schließlich wurde der Antrag vom Gifhorner Stadtrat in seiner Sitzung am 17. Juni nach kurzer Aussprache einstimmig angenommen. Das Engagement des Fachbereichs Kultur der Stadt Gifhorn und dessen Leiter Dr. Klaus Meister begleitete den weiteren Prozess bis zur feierlichen Namensgebung im November 2019.

Zur Enthüllung der von der Stadt Gifhorn finanzierten Namenstafeln wurden alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen. Trollmanns Urgroßnichte Diana Ramos-Farina und ihr Vater Alfonso Ramos-Farina Diekmann vom Verein „Rukeli Trollmann“ waren aus Isernhagen angereist, um der Feierlichkeit beiwohnen zu können. Manuel Trollmann, Großneffe des Boxers, war krankheitsbedingt verhindert, bedankte sich jedoch in einer Grußbotschaft für die Ehrung und das damit zum Ausdruck gebrachte Engagement der Stadt Gifhorn gegen den gesellschaftlichen RassismusRassismus Rassismus ist eine Form von Diskriminierung, bei der Menschen nicht als Individuen, sondern als Teil einer einheitlichen Gruppe mit bestimmten (meist negativen) Merkmalen und Charaktereigenschaften angesehen werden. Durch Rassismus wurden und werden Menschen aufgrund der realen oder vorgestellten Zugehörigkeit (beispielsweise zu einer Volksgruppe, Nationalität etc.) oder aufgrund äußerer Merkmale, einer bestimmten Religion oder Kultur vorverurteilt, ausgegrenzt, benachteiligt, unterdrückt, gewaltsam vertrieben, verfolgt und ermordet.. Bei seiner Ansprache würdigte Bürgermeister Matthias Nerlich nicht nur das Leben und die sportlichen Leistungen von Johann Trollmann, sondern kündigte zugleich auch die Namensbenennung einer Straße in einem Neubaugebiet der Stadt nach dem Boxer an.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Herold, Kathrin/Robel, Yvonne: Zwischen Boxring und Stolperstein – Johann Trollmann in der gegenwärtigen Erinnerung, in: KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): Die Verfolgung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus (Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland, Heft 14), Bremen 2012, S. 144-155.

Wir bedanken uns beim Leiter des Fachbereichs Kultur der Stadt Gifhorn, Dr. Klaus Meister, für die freundliche Unterstützung und Bereitstellung von Informationen und Fotografien.

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