Hannover, Hardenbergstraße

Informations- und Erinnerungstafel zum Gedenken an die Opfer der NS-Polizeigewalt
  • Tafel neben dem Eingang zur Polizeidirektion (Foto: Andreas Pflock)
  • Blick auf das historische Hauptgebäude der heutigen Polizeidirektion Hannover (Foto: Andreas Pflock)
  • Bürgermeister Thomas Hermann (re.) und Polizeipräsident Volker Kluwe (li.) bei der feierlichen Enthüllung (Foto: Forum für Sinti und Roma)
  • Oswald Marschall (li.) und Reinhold Lagrene (re.) als Vertreter des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma bei der Einweihungsfeierlichkeit (Foto: Forum für Sinti und Roma)
  • Tafel neben dem Haupteingang zur Polizeidirektion (Foto: Andreas Pflock)
  • Haupteingang, recht am Bildrand die Tafel (Foto: Andreas Pflock)

Kurzinformation

Informations- und Erinnerungstafel zum Gedenken an die Opfer der NS-Polizeigewalt

Beschreibung

Die Tafel befindet sich vor dem Eingang ins historische Hauptgebäude der heutigen Polizeidirektion Hannover, dem im Jahr 1903 eingeweihten ehemaligen Polizeipräsidium. Dieses ist unweit der Hannoveraner Innenstadt, zwischen dem Niedersächsischen Landtag und dem Schützenplatz, gelegen. Das Polizeipräsidium beherbergte neben der Kriminalpolizei auch die Geheime Staatspolizei und einen Gefängnistrakt.

Die Tafel ist Teil eines Programms der städtischen Erinnerungskultur, bei dem Informationstafeln auf die Geschichte von authentischen Orten aufmerksam machen. Insgesamt wurden bisher 15 dieser Informations- und Erinnerungstafeln im hannoverschen Stadtgebiet aufgestellt. Sie geben Auskunft über die Geschichte des Ortes, das frühere Aussehen der Örtlichkeiten, den geschichtlichen Hintergrund und über Personen, deren Schicksal mit diesem Ort verbunden war.

Die Tafel vor der Polizeidirektion beschreibt die Geschichte des Gebäudes und die Funktion der Polizei in der Zeit des Nationalsozialismus. Kurze Informationen über sieben Menschen, die während der NS-Zeit im Polizeipräsidium gelitten haben, stehen stellvertretend für sieben Verfolgtengruppen und erweitern den Blick von den historischen Fakten hin zu den zerstörten Lebenswegen der Opfer. Stellvertretend für die Erfassung und Verfolgung von Sinti und Roma durch die NS-Polizeibehörden wird das Leben und die Verfolgung von Johann Rukeli Trollmann skizziert. Er wurde, nach seiner Verhaftung im nahegelegenen Elternhaus, im Polizeipräsidium schwer misshandelt und von dort aus Ende Oktober 1942 in das KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Neuengamme gebracht. 1944 wurde Johann Trollmann im Außenlager Wittenberge ermordet.

Entstehung

Die Errichtung der Informations- und Erinnerungstafel knüpfte an eine vorausgehende Initiative der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen im Bezirksrat Mitte der Landeshauptstadt Hannover an. Sie hatten am 3. Juni 2013 folgenden Antrag gestellt: „Die Landeshauptstadt wird aufgefordert, gemeinsam in enger Zusammenarbeit mit Vertreter*innen der Verbände der Sinti und Roma an einem geeigneten Standort ein Mahnmal für die zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Sinti und Roma im Stadtbezirk Mitte zu errichten.“ In der Begründung wurde dabei bereits der Fokus konkret auf die Verfolgung von Johann Trollmann und die Bedeutung des Polizeipräsidiums bei der Verfolgung der Sinti und Roma gerichtet. In seiner Sitzung am 17. Juni beschloss der Stadtbezirksrat Mitte die Landeshauptstadt aufzufordern, an einem geeigneten Standort „ein Mahnmal für die zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Sinti und Roma im Stadtbezirk Mitte zu errichten“. Festgehalten wurde zudem, dass Gespräche mit der Polizeidirektion erfolgen sowie historische Recherchen vorgenommen werden sollen, um in Zusammenarbeit mit dem städtischen Projekt Erinnerungskultur ein abgestimmtes Konzept auszuarbeiten.

Konkrete Formen nahm die Planung bei einem Arbeitsgespräch zwischen dem Polizeipräsidenten Volker Kluwe und dem Hannoveraner Verein „Forum für Sinti und Roma“ an. Dem Engagement des Vereins wie auch der zustimmenden Haltung und Unterstützung des Polizeipräsidenten war es schließlich zu verdanken, dass der Wunsch nach einem sichtbaren Erinnerungszeichen in Form der Informations- und Erinnerungstafel realisiert werden konnte.

Die feierliche Enthüllung wurde in Anwesenheit zahlreicher Gäste von Bürgermeister Thomas Hermann und Polizeipräsident Volker Kluwe vorgenommen. Sie war Bestandteil einer umfassenden Auseinandersetzung der Hannoveraner Polizeidirektion mit der Rolle der Polizei in der NS-Zeit. Neben mehreren Vortragsveranstaltungen wurde vom 5. Mai bis 14. Juni 2015 in den dortigen Räumlichkeiten die Ausstellung „Ordnung und Vernichtung – Die Polizei im NS-Staat“ gezeigt, die von der Polizeiakademie in Nienburg erarbeitet worden war.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Wir danken dem „Forum für Sinti und Roma“ (Hannover) für die freundliche Erlaubnis zur Nutzung der hier verwendeten Fotos.

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