Hannover, Moorwaldweg

Denkmal für die im Zwangslager Altwarmbüchener Moor inhaftierten Sinti und Roma
  • Detailansicht (Foto: Andreas Pflock)
  • Moorwaldweg: Das Denkmal befindet sich im Kurvenverlauf im Bildhintergrund auf der rechten Straßenseite, nach der Einfahrt zum Altwarmbüchener See (Foto: Andreas Pflock)
  • Gesamtansicht mit dem vorbeiführenden Radweg (Foto: Andreas Pflock)
  • Denkmal in Form eines symbolischen Lagertors (Foto: Andreas Pflock)
  • Einweihungsfeierlichkeit am 3. März 1997 (Foto: Andre Spolvint)
  • Ansprache der Bürgerrechtlerin und NS-Überlebenden Berta Weiß bei der Einweihung des Denkmals (Foto: Andre Spolvint)
  • Detailansicht der Namensliste (Foto: Andreas Pflock)
  • Gesamtansicht des Denkmals (Foto: Andreas Pflock)

Kurzinformation

Denkmal für die im Zwangslager Altwarmbüchener Moor inhaftierten Sinti und Roma

Beschreibung

Das Denkmal befindet sich am nördlichen Stadtrand von Hannover zwischen dem Verlauf der Autobahn A 2 und dem Altwarmbüchener See. Es liegt rund 350 Meter vom Abzweig des Moorwaldwegs von der Kirchhorster Straße entfernt, auf der linken Straßenseite an einem Fahrradweg. Mit der Straßenbahn (Haltestellen „Hannover Oldenburger Allee“ oder „Altwarmbüchen Opelstraße“) erreicht man das Denkmal nach einem anschließenden Fußweg von rund 650 bis 700 Metern.

Das Denkmal wurde aus Holz angefertigt und symbolisiert das Eingangstor in das KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz. Der obere Querbalken trägt die Inschrift: „Das Tor von Auschwitz war der Eingang zur Hölle“. Auf den angedeuteten Torflügeln wurden die Namen von 80 deportierten Hannoveraner Sinti und Roma angebracht, die durch folgenden Text ergänzt werden: „Am 3.3.1943 wurden von dieser Stelle ca. 80 Sinti (Zigeuner) nach Auschwitz deportiert.“

Auf den symbolischen Torpfosten befinden sich die beiden Bibelverse 5 und 8 aus dem Psalm 94: „Herr, sie zerschlagen dein Volk und plagen dein Erbe.“ (links) sowie „Merkt doch auf, ihr Narren im Volk! Und ihr Toren, wann wollt ihr klug werden!“ (rechts). Im oberen rechten symbolischen Torpfosten wurde zudem die Inschrift „Jesus siegt“ mit einem Fischsymbol eingraviert. An drei Stellen wurden große Dreiecke mit einem „Z“ angebracht. Sie symbolisieren den Häftlingswinkel, den die Sinti und Roma in den Konzentrationslagern auf ihrer Kleidung tragen mussten.

Entstehung

Auf Initiative und gestiftet vom Niedersächsischen Verband Deutscher Sinti wurde das Denkmal am 55. Jahrestag der Auschwitz-DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. an der Stelle des Lagers im Altwarmbüchener Moor eingeweiht. Es erinnert an das 1938 durch die Stadt Hannover errichtete kommunale ZwangslagerZwangslager Nationalsozialistische Zwangslager für Sinti und Roma (häufig auch als „Zigeunerlager“ bezeichnet) entstanden ab Mitte der 1930er Jahre in zahlreichen deutschen Großstädten, wie u.a. in Köln, Düsseldorf, Fulda, Hamburg, Hannover, Köln und Magdeburg. Ihre Planung, Errichtung und ihr Betrieb gingen auf Initiativen kommunaler Behörden zurück. Die Lager waren meist polizeilich bewacht und dienten der Konzentration und Erfassung von Sinti und Roma, ihrer Rekrutierung als Zwangsarbeitskräfte sowie der Trennung der Insassen von der sogenannten "Volksgemeinschaft". Mit der zunehmenden Radikalisierung der Verfolgungsmaßnahmen dienten die Zwangslager letztendlich als Sammellager für die Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. für Sinti und Roma. In der Nacht zum 1. März 1943 wurden die dort internierten Familien auf Lastwagen getrieben und zum Bahnhof Fischerhof gebracht, von wo aus sie anschließend in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurden.

Bereits drei Monate nach der Einweihung, am Pfingstwochenende 1998, wurde das Erinnerungszeichen durch Stiefeltritte Rechtsradikaler teilweise zerstört, so dass es erneuert und am 19. September 1998 neu eingeweiht werden musste.

Gestaltung

Das Denkmal wurde vom Steinmetz Dieter Gerhard gestaltet.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

http://netzwerk-erinnerungundzukunft.de/wp-content/uploads/2018/01/Text-alte-website-Mahnmal-f.Sinti-Altwarmb%C3%BCchen.pdf am 9.4.2020
https://de.wikipedia.org/wiki/Mahnmal_f%C3%BCr_die_Sinti_im_Altwarmb%C3%BCchener_Moor am 9.4.2020

Dursthoff, Ulrike/Pechel, Michael (Redaktion): Orte der Erinnerung. Wegweiser zu Stätten der Verfolgung und des Widerstands während der NS-Herrschaft in der Region Hannover, hrsg. vom Netzwerk Erinnerung und Zukunft in der Region Hannover, Hannover 2007.
Niedersächsischer Verband Deutscher Sinti e.V. (Hrsg.): Aus Niedersachsen nach Auschwitz. Die Verfolgung der Sinti und Roma in der NS-Zeit, Bielefeld 2004.

Wir danken dem Fotografen Andre Spolvint (Hannover) für die freundliche Nutzungserlaubnis seiner Fotografien von der Einweihung des Denkmals.

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