Hannover, Raschplatz

Denkmal am Ort des ehemaligen Gerichtsgefängnisses
  • Gesamtansicht (Foto: Andreas Pflock)
  • Denkmal vor dem soziokulturellen Zentrum "Pavillon" (Foto: Andreas Pflock)
  • Detailansicht des Denkmals mit Inschriftentafel (Foto: Andreas Pflock)
  • Denkmal in Blickrichtung zum Hauptbahnhof (Foto: Andreas Pflock)

Kurzinformation

Denkmal am Ort des ehemaligen Gerichtsgefängnisses

Beschreibung

Das Denkmal befindet sich hinter dem Hannoveraner Hauptbahnhof an der Ecke Raschplatz/Lister Meile, unmittelbar vor dem soziokulturellen Zentrum „Pavillon“. Es besteht aus verschiedenen vertikal angeordneten Stahlgitter-Platten, die von einem Andreaskreuz unterbrochen und durchkreuzt werden.

Die Inschrift auf einer in Richtung zum Pavillon platzierten Tafel lautet:
„Hier stand bis zum Abriss 1965 das Gerichtsgefängnis Hannover, in dem von 1933 bis 1945 zahlreiche Gegner und Gegnerinnen des Nationalsozialismus inhaftiert waren. Sie kamen aus allen Schichten der Bevölkerung, bis 1937 vor allem aus der Arbeiterschaft - darunter Sozialdemokraten, Kommunisten und Gewerkschafter.
Außer ihnen wurden hier Männer und Frauen aus verfolgten Minderheiten wie Sinti, Zeugen Jehovas und Homosexuelle gefangen gehalten. Während des Zweiten Weltkrieges haben hier auch ausländische Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen gelitten.
In diesem Gefängnis waren viele Mitglieder der hannoverschen Sozialistischen Front, einer der größten Widerstandsgruppen der SPD gegen den Nationalsozialismus, inhaftiert. Von ihnen werden Gustchen Breitzke, Fritz Lohmeyer, Therese Wittrock und Fritz Wulfert genannt. Zu einer Widerstandsgruppe der Sozialistischen Arbeiterpartei gehörte Otto Brenner.
Von 1937 bis 1943 saß hier der Vorsitzende der KPD, Ernst Thälmann, in Einzelhaft. Stellvertretend für die Verfolgten aus dem kommunistischen Widerstand werden Paul Arndt, Marianne Baecker, Grete Hoell und Walter Krämer genannt.
Das Mahnmal Gerichtsgefängnis erinnert daran, dass sich Justiz und Polizei als Helfershelfer des Faschismus betätigten. Hier war ein Ort der Denunziation, an dem Menschen willkürlich und aus politischen Gründen inhaftiert waren.“

Entstehung

Das Denkmal erinnert an das teilweise auf dem heutigen Raschplatz gelegene Gerichtsgefängnis, das 1865-75 als Königliches Zellengefängnis Hannover erbaut wurde. In ihm litten die verschiedensten Opfer und Opfergruppen der Nationalsozialisten. Es ist zudem das erste städtische Erinnerungszeichen in der Bundesrepublik Deutschland, das ausdrücklich auch an die Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit erinnert. Das Denkmal wurde vom Arbeitskreis "Mahnmal Gerichtsgefängnis" initiiert und konnte schließlich nach einem mehrjährigen politischen Diskurs am Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus 1989 feierlich eingeweiht werden.

Gestaltung

Das Denkmal wurde von Hans-Jürgen Breuste geschaffen. Er wurde am 21. Mai 1933 in Hannover geboren und machte zunächst eine Maurer-Lehre. Ab 1956 begann er sich künstlerisch zu betätigen. Von der Hochschule für Bildende Künste in Münster erhielt er 1976–1978 einen Lehrauftrag. 1980 folgte ein Lehrauftrag an der Fachhochschule Hannover. Anfang der 1960er Jahre schuf Breuste zunächst figürliche Arbeiten u.a. aus Bronze. Die Verwendung häufig gefundener Materialen des Alltags in seinen Werken wurden später zu seinem Markenzeichen.

1981 erhielt Hans-Jürgen Breuste den Kunstpreis des Landes Niedersachsen sowie 1988 den Sonderpreis des Deutschen Künstlerbundes. 2008 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande des Landes Niedersachsen ausgezeichnet. Zu seinen Werken zählen u.a. das Mahnmal zum Gedenken an die Duisburger Synagoge (1974), eine Skulptur zur Erinnerung an den Matrosenaufstand in Kiel (1978-1982), das Denkmal am ehemaligen KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Hannover-Stöcken (1987) sowie das Denkmal an der ehemaligen Rampe des KZ Bergen-Belsen (2008). Hans-Jürgen Breuste lebte und arbeitete in Hannover. Er starb am 28. Januar 2012.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Puvogel, Ulrike/Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus. Eine Dokumentation. Band I (Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein), Bonn 1995, S. 418.

Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten – Niedersachsen e.V. (Hrsg.): Das ehemalige Gerichtsgefängnis Hannover 1933-1945 – kein Anlass zur Mahnung?, Hannover 1988.
Weichardt, Jürgen: H. J. Breuste (Niedersächsische Künstler der Gegenwart, Neue Folge Band 26), herausgegeben vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Hannover 1985.

Wikipedia-Eintrag zum Denkmal am 8.8.2019

Wikipedia-Eintrag zu Hans-Jürgen Breuste am 8.8.2019

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