Beschreibung
Das Denkmal wurde in der Parkanlage am Schwanenteich an der Goethestraße in Höhe der Ecke zur Ritterstraße errichtet. Es besteht aus der Bronzeplastik „Geschlagener“ des Bildhauers Wieland Förster auf einem 80 cm hohen Sandsteinsockel. An dessen Vorderseite befindet sich in Deutsch und Romanes die Inschrift:
„Den Sinti und Roma, die Opfer des nationalsozialistischen Völkermordes wurden.
I rikerpaske ap i Sinti de Roma, kei weian maredes an u manuschengromarepen.
Stadt Leipzig 2003.“
Eine vor dem Denkmal in die gepflasterte Fläche eingelassene Bronzetafel in Größe von 50 x 60 cm trägt die Inschrift: „Zwischen 1933 und 1945 wurden zahlreiche Leipziger Sinti und Roma nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager deportiert und ermordet. Außerdem wurden Sinti und Roma aus Deutschland und dem besetzten Europa als Zwangsarbeiter in Leipziger Rüstungsbetriebe verschleppt, viele kamen dort um.“
Entstehung
Das Denkmal ist den mindestens 280 aus Leipzig deportierten Sinti und Roma, von denen nicht mehr als 5 den VölkermordVölkermord Bezeichnung für die vorsätzliche Ermordung, Ausrottung oder anderweitige Vernichtung von Volksgruppen aufgrund ihrer vermeintlich rassischen, ethnischen oder sozialen Merkmale, ihrer Nationalität oder religiösen Überzeugungen. 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen einen völkerrechtlichen Vertrag über die Verhütung und die Bestrafung von Völkermorden. überlebten, und den mehr als 1.000 Angehörigen der Minderheit, die in Leipziger Lagern beim Zwangsarbeitseinsatz ausgebeutet wurden, gewidmet. Die Stadt Leipzig gedenkt jährlich anlässlich des 27. Januar der Sinti und Roma, die dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer gefallen sind. Die Grundlage für die Errichtung des Denkmals bildete ein Stadtratsbeschluss vom 6. Dezember 2000 zum „Gedenken an die ehemals in der Stadt Leipzig lebenden Sinti und Roma“ mit dem Ziel der Schaffung eines würdigen Ortes des Erinnerns im Stadtraum sowie der Einberufung eines Beirats zur inhaltlichen Begleitung des Vorhabens.
Die Federführung für die Umsetzung übernahm das Kultur-Dezernat der Stadt Leipzig. Am 31. Mai 2001 fand im Neuen Rathaus die erste Sitzung des Beirats statt. Als Mitglieder wirkten darin mit: Prof. Dr. Wolfgang Benz (Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU Berlin), Romani Rose (Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma), Dr. Beate Berger (Direktorin des Stadtarchivs Leipzig), Dr. Peter Guth (Kunsthistoriker), Dr. Georg Giradet (Beigeordneter für Kultur der Stadt Leipzig), Dr. Caren Marusch-Krohn (Kulturamt der Stadt Leipzig), Wolfgang Haupt (Vertreter des Stadtrates) und Charlotte Zeitschel (Vorsitzende des Fördervereins „Dr.-Margarete-Blank-Haus“).
Der Beirat begleitete zwei Jahre lang sowohl die Auswahl eines geeigneten künstlerischen Objektes für das Denkmal wie auch die Frage nach einem angemessenen Standort im Stadtzentrum. Zudem förderten die Stiftung Sächsische Gedenkstätten und die Heinrich-Böll-Stiftung die von Annett Seese recherchierte und konzipierte Ausstellung „‘Auf dem Dienstwege‘. Dokumente zur Erfassung, Ausgrenzung und DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. der Leipziger Sinti und Roma im Nationalsozialismus“.
Anna Mettbach, Überlebende der KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz, Ravensbrück und Dachau, sagte in ihrer ergreifenden Ansprache bei der Denkmalseinweihung am 25. März 2003: „Jahrzehntelang konnte ich nur im engsten Familienkreis oder mit anderen Überlebenden über das sprechen, was ich in der Zeit des Nationalsozialismus erleiden musste. Aber nachdem Häuser niedergebrannt wurden und Menschen darin verbrannten, habe ich es mir zur Pflicht gemacht, vor allem vor jungen Menschen zu sprechen, denn sie sind unsere Hoffnung. Die Begegnungen mit diesen Jugendlichen helfen mir, und ich hoffe, dass auch ich ihnen etwas geben kann. Vielleicht kann auch dieses Mahnmal dabei helfen, dass die Menschen sich daran erinnern, wohin RassismusRassismus Rassismus ist eine Form von Diskriminierung, bei der Menschen nicht als Individuen, sondern als Teil einer einheitlichen Gruppe mit bestimmten (meist negativen) Merkmalen und Charaktereigenschaften angesehen werden. Durch Rassismus wurden und werden Menschen aufgrund der realen oder vorgestellten Zugehörigkeit (beispielsweise zu einer Volksgruppe, Nationalität etc.) oder aufgrund äußerer Merkmale, einer bestimmten Religion oder Kultur vorverurteilt, ausgegrenzt, benachteiligt, unterdrückt, gewaltsam vertrieben, verfolgt und ermordet. und Ausgrenzung führen können, damit wir in Zukunft rechtzeitig den Anfängen wehren.“
Gestaltung
Wieland Förster arbeitet als Bildhauer, Zeichner und Schriftsteller. Er wurde 1930 in Dresden geboren und absolvierte 1944 eine Lehre als Technischer Zeichner. Im Jahr 1946 wurde er durch den sowjetischen NKWD wegen angeblichen Waffenbesitzes zu 7,5 Jahren ZwangsarbeitZwangsarbeit Bezeichnung für die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft ohne oder mit nur sehr geringer Bezahlung. Das nationalsozialistische Deutschland schuf mit insgesamt über 12 Millionen Zwangsarbeiter*innen eines der größten Zwangsarbeitssysteme der Geschichte. Neben Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen wurden Millionen von Zivilisten aus besetzten Staaten Europas größtenteils verschleppt und von der deutschen Industrie als Zwangsarbeiter*innen missbraucht. im Speziallager Bautzen verurteilt. Nach der Haftentlassung war er zunächst als Technischer Zeichner tätig. 1953 bis 1958 studierte er Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden. Von 1959 bis 1961 war er Meisterschüler bei Gustav Seibt und Fritz Cremer an der Deutschen Akademie der Künste in Ost-Berlin.
Seit 1961 arbeitet er als freischaffender Künstler. Zwischen 1968 und 1973 wurden Ausstellungs-, Ankaufs- und Publikationsverbote gegen ihn verhängt. 1974 wurde Förster Mitglied der Akademie der Künste der DDR und war von 1978 bis 1989 Vizepräsident für Meisterschülerfragen der Akademie der Künste der DDR. Im Jahr 1985 erfolgte seine Ernennung zum Professor. Aus Protest gegen die versäumte Aufarbeitung ihrer Geschichte trat Förster 1991 aus der Berliner Akademie der Künste in Ost-Berlin aus. Seit 1991 ist er Mitglied des P.E.N. 1996 war Förster Gründungsmitglied der Sächsischen Akademie der Künste.
Im Jahr 2001 erfolgte die Gründung der Wieland Förster Stiftung an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Für sein künstlerisches Schaffen wurde Wieland Förster mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet, u.a. 1966 mit dem Willi-Lammert-Preis der Deutschen Akademie der Künste, 1974 mit dem Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR, 1996 mit dem Kunstpreis der Stadt Dresden, 2000 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland, 1999 mit dem Brandenburgischen Kunstpreis und im Jahr 2010 mit der Ehrendoktorwürde der Universität Potsdam. Wieland Förster lebt in Oranienburg/Brandenburg.
Quellenangaben
Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte
Mlekusch, Monika: Wieland Förster. Werkverzeichnis der Plastiken und Skulpturen, Wien/Berlin/Münster 2012.
Literatur von und über Wieland Förster im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek am 5.8.2019
Kurzbiografie von Wieland Förster der Sächsischen Akademie der Künste am 5.8.2019