Osnabrück, Papenhütte

Stolpersteine zur Erinnerung an die Sinti-Familien Schmidt und Imker
  • Stolpersteine für die Familien Imker (Foto: Andreas Pflock)
  • Infotafel zur Geschichte der "Papenhütte" mit Stolpersteinen (Foto: Andreas Pflock)
  • Detailansicht von Stolpersteinen für die Familie Schmidt (Foto: Andreas Pflock)
  • Blick auf das ehemalige Areal der "Papenhütte" mit Infotafel und davor verlegten Stolpersteinen (Foto: Andreas Pflock)

Kurzinformation

Stolpersteine zur Erinnerung an die Sinti-Familien Schmidt und Imker

Beschreibung

Die Stolpersteine befinden sich rund drei Kilometer nordöstlich der Stadtmitte von Osnabrück im Stadtteil Hafen, angrenzend an den Stadtteil Eversberg. Sie wurden am Ort der ehemaligen Barackensiedlung „Papenhütte“ verlegt, die u.a. als ZwangslagerZwangslager Nationalsozialistische Zwangslager für Sinti und Roma (häufig auch als „Zigeunerlager“ bezeichnet) entstanden ab Mitte der 1930er Jahre in zahlreichen deutschen Großstädten, wie u.a. in Köln, Düsseldorf, Fulda, Hamburg, Hannover, Köln und Magdeburg. Ihre Planung, Errichtung und ihr Betrieb gingen auf Initiativen kommunaler Behörden zurück. Die Lager waren meist polizeilich bewacht und dienten der Konzentration und Erfassung von Sinti und Roma, ihrer Rekrutierung als Zwangsarbeitskräfte sowie der Trennung der Insassen von der sogenannten "Volksgemeinschaft". Mit der zunehmenden Radikalisierung der Verfolgungsmaßnahmen dienten die Zwangslager letztendlich als Sammellager für die Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. für Sinti und Roma und Sammelort für die Deportationen nach Auschwitz diente. Heute befindet sich dort das Betriebsgelände der Frye+Schröder Stahlhandel GmbH&Co. KG. Insgesamt erinnern 10 Stolpersteine an die Angehörigen der Familie Schmidt und weitere 11 an die Mitglieder der Familie Imker. Zudem erläutert eine Informationstafel den historischen Kontext der „Papenhütte“.

Die 21 Stolpersteine bestehen aus Betonsteinen mit verankerten ca. 10 x 10 cm großen Messingplatten und tragen die mit Schlagbuchstaben eingehämmerten folgenden Inschriften:

„Hier wohnte Maria Schmidt, JG. 1902, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 22.1.1944“
„Hier wohnte Franziska Schmidt, JG. 1917, Deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 22.2.1944“
„Hier wohnte Alma Schmidt, JG. 1919, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 24.12.1943“
„Hier wohnte Josef Schmidt, JG. 1929, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 21.1.1944“
„Hier wohnte Adolf Schmidt, JG.1933, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 27.7.1943“
„Hier wohnte Lilly Schmidt, JG. 1936, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 19.2.1944“
„Hier wohnte Maritta Schmidt, JG. 1939, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 27.7.1943“
„Hier wohnte Clemens Schmidt, JG. 1941, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 8.4.1943“
„Hier wohnte Christa Schmidt, JG. 1942, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 1943“
„Hier wohnte Robert Wilhelm Imker JG. 1883, deportiert 1.3.1943, ermordet in Auschwitz“
„Hier wohnte Rosa Anna Imker, JG. 1884, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 26.9.1943“
„Hier wohnte Friedrich Imker, JG. 1905, deportiert Auschwitz, tot an den Folgen, 11.4.1945, Krankenhaus Nieder-Weisel“
„Hier wohnte Konstantin Imker, JG. 1916, verhaftet, Sachsenhausen, ermordet 25.11.1941“
„Hier wohnte Otto Imker, JG. 1923, verhaftet, Buchenwald, ermordet 22.3.1944“
„Hier wohnte Alois Gerhard Imker, JG. 1927, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 21.11.1943“
„Hier wohnte Wilhelm Imker, JG. 1905, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 30.3.1943“
„Hier wohnte Marie-Luis Imker, JG. 1907, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet Aug. 1944“
„Hier wohnte Gertrud Imker, JG. 1932, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 1943“
„Hier wohnte Adelheid Imker, JG. 1938, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 1943“
„Hier wohnte Konstantin Imker JG. 1942, deportiert 1.3.1943, Auschwitz, ermordet 21.4.1943“

Über die Geschichte der Familie Schmidt sind kaum Informationen bekannt. Die 10 Familienmitglieder wurden am 1. März 1943 mit der DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. der norddeutschen Sinti und Roma nach Auschwitz gebracht und dort ermordet. Das gleiche Schicksal teilte die Familie von Wilhelm und Maria Imker mit den beiden Töchtern Gertrud und Adelheid und dem Sohn Konstantin. Robert und Rosa Imker und ihre vier Kinder wurden ebenfalls Opfer des Völkermords. Die Eltern wurden mit ihrem Sohn Alois am 1. März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Der Sohn Otto wurde im September 1943 in das KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Buchenwald gebracht, wo er im März des darauffolgenden Jahres starb. Der Sohn Konstantin kam zu einem bisher unbekannten Zeitpunkt in das Konzentrationslager Sachsenhausen, wo er im November 1941 starb. Der Sohn Friedrich starb 1945 in einem Krankenhaus an den Folgen seiner Inhaftierung im Konzentrationslager Auschwitz.

Entstehung

Die Patenschaften der Stolpersteine für die Familie Imker wurden u.a. von den JUSOS Osnabrück Land, der Hans Calmeyer-Initiative und dem Evangelischen Kirchenkreis Osnabrück übernommen. Die Stadtwerke Osnabrück AG übernahmen die Patenschaft der Steine für die Familie Schmidt.

Die „Stolpersteine“ sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Sie gehen u.a. auf zwei Aktionen zurück, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erinnerung an die Verfolgung von Sinti und Roma standen. Anlässlich des 50. Jahrestags der ersten Deportation der Kölner Sinti und Roma im Mai 1940 zeichnete Gunter Demnig 1990 eine Kreidespur von ihren Wohnorten bis zum Sammellager in den Kölner Messehallen.

Am 16. Dezember 1992 verlegte der Künstler vor dem Alten Kölner Rathaus eine Messingplatte im Pflaster. Sie erinnerte an den 50. Jahrestag des Befehls Heinrich Himmlers zur Deportation der Sinti und Roma in das KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz-Birkenau. 1996 verlegte Gunther Demnig die ersten Stolpersteine in Berlin. Mit den im Boden verlegten kleinen Gedenktafeln wird an Menschen erinnert, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt oder ermordet wurden.

Die Stolpersteine werden meist vor den letzten frei gewählten Wohnorten der Verfolgten in den Gehweg eingelassen. Bis heute erinnern über 70.000 Steine in Deutschland und 23 weiteren europäischen Ländern an Opfer des Nationalsozialismus. Damit sind die Stolpersteine zum größten dezentralen Mahnmal der Welt geworden.

Gestaltung

Gunther Demnig wurde 1947 in Berlin geboren. Nach dem Abitur im Jahr 1967 studierte er zunächst Kunstpädagogik und Industrial Design an der Hochschule für bildende Künste Berlin und Kunstpädagogik an der Gesamthochschule Kassel. Dort legte er das 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern „Bildende Kunst“ und „Werken“ ab. Nach einem Studium „Freie Kunst“ an der Universität Kassel von 1974 bis 1977 arbeitete er zunächst im Bereich der Denkmalsanierung sowie zwischen 1980 und 1985 als künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Kunst der Universität Kassel.

Seit 1985 unterhält er ein Atelier in Köln. Gunter Demnig ist seit 1987 Mitglied im Internationalen Künstlergremium. Dieser Zusammenschluss von Künstlern, Kuratoren und Kritikern setzt sich für Kunst-, Informations- und Pressefreiheit sowie für kulturelle Selbstbestimmung, Toleranz und kulturelle Vielfalt ein. Nach den Aktionen zur Erinnerung an die Deportation von Sinti und Roma in den Jahren 1990 und 1992 entwarf Gunther Demnig 1993 das Projekt „Stolpersteine“. 1996 fand die erste Steinverlegung in Berlin-Kreuzberg statt, die zu dem Zeitpunkt noch nicht genehmigt war und erst später legalisiert wurde.

Für sein Projekt „Stolpersteine“ erhielt Gunther Demnig zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2004 die Herbert-Wehner-Medaille der Gewerkschaft ver.di, 2006 den Bertini-Preis der Stadt Hamburg und 2011 die Otto-Hirsch-Medaille der Stadt Stuttgart. Im Jahr 2008 wurde er mit dem Titel „Botschafter für Demokratie und Toleranz“ ausgezeichnet. Gunther Demnig lebt in Frechen bei Köln.

Internetseite von Gunter Demnig

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Hesse, Hans: Stolpersteine. Idee, Künstler, Geschichte, Essen 2017.
NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln (Hrsg.): Stolpersteine. Gunter Demnig und sein Projekt, Köln 2007.
Weber, Jann: Die Papenhütte als Station auf dem Weg zu den Mördern, in: NOZ am 11.7.2013.

http://geo.osnabrueck.de/stolpersteine/?i=start am 25.4.2022

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