Ravensburg, St. Jodokskirche

Denkmal für die deportierten und ermordeten Ravensburger Sinti und Roma
  • Detailansicht des Denkmals (Foto: Stadtarchiv Ravensburg)
  • Standort des Denkmals vor der Kirche St. Jodoks (Foto: Stadtarchiv Ravensburg)
  • Denkmal mit den Namen der 29 Opfer (Foto: Stadtarchiv Ravensburg)

Kurzinformation

Denkmal für die deportierten und ermordeten Ravensburger Sinti und Roma

Beschreibung

Das Denkmal befindet sich vor dem Chor der St.-Jodoks-Kirche im historischen Stadtkern von Ravensburg an der Eisenbahnstraße/Ecke Obere Breite.

Es trägt die Inschrift:

„Zum Gedenken an die 29 Ravensburger Sinti, die am 13. März 1943 in das KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz-Birkenau deportiert und in den Jahren 1943 und 1944 ermordet wurden. Sie alle waren Bürgerinnen und Bürger der Stadt Ravensburg und gehörten zur Pfarrgemeinde Sankt Jodok.

Albert Guttenberger *1919, Johann Guttenberger *1923, Emilie Guttenberger *1924, Tassilo Guttenberger *1942, Marie Johann *1867, Ludwig Reinhardt * 1878, Johanna Reinhardt *1879, Salomea Reinhardt *1880, Magdalena Reinhardt *1898, August Reinhardt *1916, Anton Reinhardt *1920, Karl Reinhardt *1920, Johann Reinhardt *1922, Johanna Reinhardt *1922, Johanna Reinhardt *1925, Heinz Reinhardt *1931, Anna Reinhardt *1933, Rosa Reinhardt *1939, Anita Reinhardt *1940, Natalie Reinhardt *1941, lrmela Reinhardt *1942, Kreszentia Schneck *1860, Anna Schneck *1907, Mathilde Schneck *1925, Hyacintha Schneck *1926, Ewald Schneck *1927, Roman Schneck *1928, Edmund Schneck *1929, Waltraud Schneck *1931“

Entstehung

Die Initiative zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Ravensburger Sinti ging von Dorothea Kiderlen aus. Sie hatte in dem Buch “Ravensburg im Dritten Reich“ im Jahr 1997 erstmals durch einen Aufsatz auf die Verfolgung und Ermordung der Ravensburger Sinti aufmerksam gemacht. Insgesamt 35 Sinti wurden am 13. März 1943 verhaftet und nach Auschwitz und in andere Konzentrationslager deportiert. 29 von ihnen wurden dort ermordet.

Im Dialog zwischen der Stadt Ravensburg, Vertretern der Sinti und der Pfarrgemeinde St. Jodok wurden die zentralen Fragen zum Entwurf, einem möglichen Standort und zur Ausführung erörtert. Am 17. Februar 1998 begutachtete das Kulturamt den Entwurf des Stahlbildhauers Reinhard Scherer und empfahl dem Gemeinderat dessen Realisierung. Am 30. März 1998 beschloss dieser einstimmig die Errichtung des Erinnerungsortes. Vorausgegangen war der Abstimmung ein ökumenischer Gedenkgottesdienst, bei dem Magdalene Guttenberger (die Tochter einer Überlebenden) eine tief bewegende Ansprache gehalten hatte.

Am 27. Januar 1999 konnte das Denkmal in Anwesenheit einiger hundert Bürgerinnen und Bürger mit einer Gedenkstunde und einer Lichterprozession über den Marienplatz hin zur Jodokskirche feierlich eingeweiht werden. Seitdem bildet es den Mittelpunkt der jährlich am oder um den 13. März stattfindenden Gedenkveranstaltungen zur Erinnerung an die ermordeten Ravensburger Sinti.

Gestaltung

Das Denkmal wurde vom Stahlbildhauer Reinhard Scherer entworfen und ausgeführt. Er wurde 1948 in Wangen im Allgäu geboren. 1972 bis 1973 absolvierte er ein Studium an der Freien Kunstschule in Stuttgart, bevor sich bis 1979 ein Studium der Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (Klasse von Professor Hoflehner) anschloss. Reinhard Scherer lebt und arbeitet als freier Bildhauer in Alfdorf-Pfahlbronn. 1980 erhielt er ein Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg.

Reinhard Scherer beteiligte sich an zahlreichen Wettbewerben und Realisierungen von standortbezogenen Großskulpturen und Platzgestaltungen und wirkte an vielfältigen Ausstellungspräsentationen mit, zuletzt u.a. beim Marburger Kunstverein und auf der ART Karlsruhe.
Internetseite von Reinhard Scherer

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Schmauder, Andreas: Den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Ravensburg: Mahnmale und öffentliches Gedenken, in: Erinnern und Gedenken. Das Mahnmal Weißenau und die Erinnerungskultur in Ravensburg, hrsg. von Schmauder, Andreas/Schmidt-Michel, Paul-Otto und Schwarzbauer, Franz, Konstanz 2007, S. 148ff.

Internetseite von Reinhard Scherer am 15.08.2019

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