Beschreibung
Die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933-1945 befindet sich rund 17 Kilometer südwestlich der Stadt Paderborn. Sie ist im ehemaligen SSSchutzstaffel Die Schutzstaffel (kurz: SS) war 1925 als persönliche Leibwache Hitlers gegründet worden. Den höchsten Dienstgrad innerhalb der SS stellte seit 1934 der „Reichsführer SS“ dar. Bis 1945 nahm Heinrich Himmler diese Position ein. Unter seiner Leitung wurde die SS zu einer Eliteeinheit aufgebaut, die zum zentralen Instrument des staatlichen Terrors wurde. Die SS hatte im Rahmen der „Endlösung“ maßgeblichen Anteil am Völkermord an den europäischen Juden sowie den Sinti und Roma.-Wachgebäude auf dem Vorplatz der Wewelsburg untergebracht. Die Wewelsburg, einst Nebenresidenz der Paderborner Fürstbischöfe, wurde zwischen 1934 und 1945 von Heinrich Himmler, dem Reichsführer-SS, gepachtet. Zunächst sollte sie zu einer Schule für SS-Führer, später dann zur Versammlungsstätte für die höchsten SS-Offiziere und zu einem gigantischen SS-Komplex ausgebaut werden. Ab 1939 entstand für die Durchführung der Bauarbeiten ein KonzentrationslagerKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". am Ortsrand des Dorfes Wewelsburg. Die Arbeitskraft der insgesamt etwa 3.900 Häftlinge wurde schonungslos für die Bauarbeiten ausgebeutet. Teile der Wewelsburg wurden am 31. März von der SS gesprengt. Bereits 1948/1949 begann der Wiederaufbau, gefolgt von der Einrichtung einer Jugendherberge und eines Heimatmuseums. Heute sind in der Wewelsburg eine Jugendherberge und das Historische Museum des Hochstifts Paderborn untergebracht. Zusammen mit der Erinnerungs- und Gedenkstätte bildet es das Kreismuseum Wewelsburg.
Die heutige Erinnerungs- und Gedenkstätte ist Resultat eines langen gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzungsprozesses mit der NS-Geschichte der Wewelsburg und der Erinnerung die Häftlinge und Opfer des Konzentrationslagers. Einen Meilenstein auf diesem Weg setzte der Paderborner Kreistag am 16. Juli 1977 mit seiner Entscheidung für die Einrichtung einer dokumentierenden Ausstellung im ehemaligen SS-Wachgebäude. Die Entscheidung war Ergebnis einer langen Debatte um ein Mahnmal für die KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit".-Opfer in Wewelsburg. Zwar existierten seit 1950 ein expressionistischer Gemäldezyklus des Bürener Malers Josef Glahé und seit 1965 eine Gedenktafel, die auf Initiative eines Überlebenden im Innenhof der Wewelsburg angebracht worden war. Doch 1973 wurden beide Erinnerungszeichen entfernt. Der Gemäldezyklus war durch die Präsentation in der sogenannten „Gruft“ im Nordturm durch die Luftfeuchtigkeit stark beschädigt. Die Gedenktafel wurde hingegen von der örtlichen Bevölkerung und Mitgliedern der Kulturabteilung des Kreises Büren kritisiert, da sie den Eindruck vermitteln würde, das Konzentrationslager hätte sich in der Wewelsburg befunden. Das Fehlen jeglicher Erinnerungszeichen löste im Paderborner Kreistag heftige Debatten aus, in deren Folge man sich zwar nicht auf den Ort für ein Mahnmal, aber für die Einrichtung einer Dokumentationsstätte einigen konnte.
Der Paderborner Hochschulprofessor Karl Hüser wurde im Anschluss an die Entscheidung des Kreistags berufen, um historische Grundlagenforschung zu betreiben und eine Ausstellung vorzubereiten. Nach fünf Jahren eröffnete der Kreis Paderborn am 20. März 1982 die erste Dauerausstellung im ehemaligen SS-Wachgebäude mit dem Titel „Wewelsburg 1933-1945. Kult- und Terrorstätte der SS“. Anfang der 2000er Jahre begannen die Vorbereitungen für eine überarbeitete und aktualisierte Dauerausstellung. Durch einen ergänzenden Neubau für die museale Infrastruktur konnte die Ausstellungsfläche im ehemaligen Wachgebäude erweitert werden. Mit neuen Inhalten und einer zeitgemäßen Gestaltungsform sowie auch mit einem modernisierten Vermittlungsangebot durch eine Vielzahl von audiovisuellen Medien ist es das Ziel, auch nach dem Ableben der letzten Zeitzeugen adäquat die Öffentlichkeit und jüngere Generationen über die NS-Zeit aufklären zu können. Die neue Dauerausstellung konnte im April 2010 unter dem Titel „IdeologieIdeologie Ideologie stammt vom griechischen Wort „ideologia“ und bedeutet auf Deutsch „Ideenlehre“. Mit Ideologie bezeichnet man bestimmte politische Ideen (z.B. Sozialismus, Marxismus, Kommunismus, Konservatismus oder Liberalismus). Ideologien sind nicht richtig oder falsch, sondern spiegeln bestimmte Wertvorstellungen wider. Wer eine Ideologie vertritt, zeigt, dass sie oder er mit den Vorstellungen, mit den Werten dieser Idee einverstanden ist und diese auch in der Politik umsetzen möchte. Gefährlich werden Ideologien dann, wenn nur mehr eine einzige erlaubt ist und alle Menschen, die andere Ideologien vertreten oder sich für diese einsetzen, daran gehindert oder verfolgt werden. Dies war zum Beispiel in Diktaturen wie dem Nationalsozialismus der Fall. und Terror der SS“ eröffnet werden und erfüllt den Auftrag eines Informations- und Erinnerungsortes.
Die Debatte um einen Gedenkort und ein Erinnerungszeichen für die Häftlinge und Opfer des KZ Niederhagen durchlief einen nicht weniger intensiven Diskussionsprozess. Im Jahr 1978 weihte der Paderborner Landrat auf dem Soldatenfriedhof Bödekken, rund 4 Kilometer südlich von Wewelsburg, ein Mahnmal für alle „Opfer von Gewaltherrschaft“ ein, das auch an die ermordeten Häftlinge erinnern sollte. Die damit ausgedrückte mangelnde Differenzierung zwischen Kriegsopfern und Opfern von NS-Verbrechen und ihre undifferenzierte Zusammenfassung zu „Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft“ entsprach dabei dem erinnerungskulturellen Zeitgeist. Die Tatsache, dass auf dem Soldatenfriedhof jedoch Tote aus WehrmachtWehrmacht Die Armee des nationalsozialistischen Deutschlands wurde seit 1935 als "Wehrmacht" bezeichnet. Mit der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht erfolgte ab 1935 der rasche Ausbau der Wehrmacht, in die neben dem Heer auch die Marine und die Luftwaffe eingegliedert waren. Oberster Befehlshaber der Wehrmacht war Hitler, die Befehls- und Kommandogewalt hatte der Reichskriegsminister., VolkssturmVolkssturm Der „Volkssturm“ war eine durch den „Führererlass“ vom 25. September 1944 aufgestellte, regional gebundene zivile Kampftruppe. Eingezogen wurden Männer im Alter zwischen 16 und 60 Jahren, die noch nicht Soldaten in der Wehrmacht waren. Die Jugendlichen und Männer mussten meist in ihrer Heimatgegend u.a. Panzerhindernisse bauen und sollten mit einfachsten Waffen die vorrückenden alliierten Truppen bekämpfen. und Waffen-SS bestattet waren, führte zu einer langanhaltenden Kritik am Standort für das Mahnmal. Ehemalige Häftlinge wie auch Angehörige von in Wewelsburg Ermordeten konnten das Mahnmal als Erinnerungsort nicht annehmen. Für ihre Trauer und ihr Gedenken war der historische Ort des ehemaligen Konzentrationslagers ein zentraler Bezugspunkt, auch, wenn dieser zwischenzeitlich durch zahlreiche Bebauungen der Nachkriegsjahrzehnte nur noch wenige Spuren aus der NS-Zeit aufzeigte.
Erst knapp 20 Jahre nach der Einweihung des Mahnmals auf dem Soldatenfriedhof konnte am 2. April 2000 auf dem bis dahin unbebauten Teil des ehemaligen Appellplatzes ein Denkmal für die Häftlinge des Konzentrationslagers eingeweiht werden. Es hat die Form eines niedrig im Grasboden eingelassenen gleichseitigen Dreiecks. Innerhalb einer ca. 30 cm breiten Umfassung liegt ein Feld von 119 gleichseitigen, dreieckig gehauenen Granitsteinen. An den drei Außenseiten befinden sich Edelstahlplatten auf die in Deutsch, Englisch und Russisch folgender Text eingraviert wurde:
„Dieses Dreieck ist dem Kennzeichen der KZ-Häftlinge nachgebildet. Am Ort des Appellplatzes des Konzentrationslagers Niederhagen erinnert es an die Opfer der SS-Gewalt in Wewelsburg von 1939-1945.“
Die Tatsache, dass die Initiative dazu von einem örtlichen Jugendverein ausging, dokumentiert einerseits den weiter fortgesetzten Auseinandersetzungsprozess um die Erinnerung an das KZ Niederhagen und zeigt andererseits den besonderen Wert von zivilgesellschaftlichem Engagement auf. Dies wird bis heute Verein „Gedenktag 2. April“ weitergetragen, der regionale Schul- und Jugendgruppen zur Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte anregt und zur aktiven Mitgestaltung der jährlichen Gedenkfeiern als „Botschafter*innen wider das Vergessen und für Demokratie“ einbindet.
Im Jahr 2018 gelang es dem Kreis Paderborn, mit dem Ankauf eines Anbaus an der ehemaligen Lagerküche des KZ Niederhagen das letzte noch erhaltene Baurelikt des Konzentrationslagers vor dem Verfall zu retten. Nach Sanierungs- und Umbauarbeiten werden hier eine Dauerausstellung und gesicherte historische Bauspuren die Geschichte des Lagergeländes als Ort von Zwangsmigration dokumentieren.
Angebote
Die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg bietet sehr differenzierte pädagogische Programme zur historisch-politischen Bildung an. Ein spezifisches Angebot zur Vermittlung der Verfolgung von Sinti und Roma im Konzentrationslager Niederhagen existiert nicht, allerdings wird diese in verschiedenen Themenbereichen der Dauerausstellung dokumentiert und kontextualisiert.
In der einleitenden Chronologie wird im Abschnitt „Krieg und Entrechtung“ der Holocaust an den Sinti und Roma thematisiert und im dazugehörenden Ausstellungsabschnitt aufgegriffen. Im Ausstellungsbereich „Verbrechen der SS im Krieg“ ist ein gesonderter Abschnitt der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma gewidmet. In der Darstellung zur Geschichte und Entwicklung des Konzentrationslagers werden zwei Biografien von Sinti, die dort ermordet wurden, dargestellt: erhaltene Briefe aus dem KZ und ein Foto von Alman Rose sowie die Lebensgeschichte von Max Böhmer. Im Zuge des pädagogischen Projekts „Offenes Archiv“ konnte im oberen Stockwerk des Ausstellungsgebäudes ein großzügiger Raum mit Computern und Dokumentenakten eingerichtet werden, in dem sich Schüler*innen und Interessierte eigenständig mit Aspekten der NS-Zeit vertiefend auseinandersetzen können. Hier findet sich eine Quellensammlung, die auch die Schicksale von inhaftierten Sinti und Roma im KZ Niederhagen behandelt.
Das Kreismuseum Wewelsburg bietet mit seinem Archiv und seiner Bibliothek darüber hinaus weitere Zugänge zur Erforschung und Aufarbeitung der Verfolgung von Sinti und Roma während der NS-Zeit.
Infos/Kontakt
Bitten wenden Sie sich für weitere Auskünfte direkt an das Kreismuseum:
Kreismuseum Wewelsburg
Burgwall 19
D-33142 Büren-Wewelsburg
Telefon/Fax/E-Mail
Tel.: +49 (0) 2955 – 7622 – 0
Fax: +49 (0) 2955 – 7622 – 22
info@wewelsburg.de
Quellenangaben
Wir danken dem Kreismuseum Wewelsburg für die freundliche Unterstützung sowie die Nutzungserlaubnis der Fotografien.