Magdeburg, Ede-und-Unku-Weg

Straßenbenennung zur Erinnerung an die Sintiza Erna Lauenburger (Unku)
  • Straßenschild mit Infotafel (Foto: Harald Brünig)
  • Das alte und das neue Straßenschild mit Infotafel (Foto: Robert Richter)
  • Datailansicht der Infotafel (Foto: Harald Brünig)

Kurzinformation

Straßenbenennung zur Erinnerung an die Sintiza Erna Lauenburger (Unku)

Beschreibung

Der Ede-und-Unku-Weg befindet sich nördlich des „Olvenstedter Grasewegs“ und war zuvor der nördliche Abschnitt des „Holzwegs“. Er führt an der Westseite des Einkaufszentrums „Flora-Park“ entlang. Unterhalb des Straßenschildes ist eine Informationstafel mit folgendem Text angebracht: 

„Stellvertretend für die vom NS-RegimeRegime Meist abwertende Bezeichnung für eine Herrschafts- oder Regierungsform. ab 1935 im Sammellager am Holzweg internierten Sinti und Roma wird erinnert an die Sintiza Erna Lauenburger (Unku), deren authentischen Erlebnisse die Schriftstellerin Alex Wedding in dem Kinderbuch „Ede und Unku“ beschrieb. Erna Lauenburger (geb. 1920) starb 1943 im KZKonzentrationslager Konzentrationslager (kurz: KZ oder KL) waren das wichtigste Instrument der NS-Terrorherrschaft. Erste Lager entstanden schon im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der NSDAP, anfangs noch in u.a. leeren Fabrikgebäuden, ehemaligen Gefängnissen und Kellergewölben. Bis Kriegsbeginn wurden sieben Konzentrationslager errichtet, bis Ende des Krieges waren es 22 Hauptlager mit weit über 1.000 Außenlagern und Außenkommandos. Alle, die von den Nationalsozialisten zu weltanschaulichen, religiösen und „rassischen“ Gegnerinnen und Gegnern erklärt worden waren, sollten dort inhaftiert werden. Darunter befanden sich vor allem Juden, Sinti, Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, Kommunisten, Sozialisten und andere politische Gegner. Mit Kriegsbeginn verschärften sich die Haftbedingungen weiter und die Ermordung der Gefangenen wurde zur Selbstverständlichkeit. Die Arbeitskraft der Häftlinge sollte bis zur völligen Erschöpfung oder bis zum Tod für die Kriegswirtschaft ausgenutzt werden. Die SS bezeichnete dies als "Vernichtung durch Arbeit". Auschwitz.“

Entstehung

Auf Grundlage eines interfraktionellen Antrages der Fraktionen von FDP, CDU/BfM, Linke/Tierschutzpartei, SPD und Bündnis 90/Die Grünen beschloss der Magdeburger Stadtrat am 28. Februar 2013 die Benennung einer Straße bzw. eines Wegs nahe dem ehemaligen ZwangslagerZwangslager Nationalsozialistische Zwangslager für Sinti und Roma (häufig auch als „Zigeunerlager“ bezeichnet) entstanden ab Mitte der 1930er Jahre in zahlreichen deutschen Großstädten, wie u.a. in Köln, Düsseldorf, Fulda, Hamburg, Hannover, Köln und Magdeburg. Ihre Planung, Errichtung und ihr Betrieb gingen auf Initiativen kommunaler Behörden zurück. Die Lager waren meist polizeilich bewacht und dienten der Konzentration und Erfassung von Sinti und Roma, ihrer Rekrutierung als Zwangsarbeitskräfte sowie der Trennung der Insassen von der sogenannten "Volksgemeinschaft". Mit der zunehmenden Radikalisierung der Verfolgungsmaßnahmen dienten die Zwangslager letztendlich als Sammellager für die Deportationen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. am Holzberg/Silberberg nach „Ede-und-Unku“. Den Anlass bildete der 70. Jahrestag der DeportationDeportation Bezeichnung für die zwangsweise Um- oder Aussiedlung von Menschen aus ihren Wohngebieten, zum Teil unter Androhung und Anwendung von Gewalt. Während der NS-Zeit wurden ganze Bevölkerungsgruppen wie Juden oder Sinti und Roma zunächst aus dem Deutschen Reich, dann auch aus dem übrigen Europa, in Sammellager, Gettos und Konzentrations- oder Vernichtungslager in die besetzten Ostgebiete deportiert und dort ermordet. Oft wurde dies auch zur Tarnung als "Evakuierung" bezeichnet. von rund 500 Frauen, Männern und Kindern aus dem Lager nach Auschwitz, wo die meisten von ihnen ermordet wurden.

Der Stadtrat beschloss am 25. April 2013 die Umbenennung „des Teilabschnittes des Holzweges, nördlich vom Olvenstedter Graseweg, als ‚Ede-und-Unku-Weg‘. Der Umbenennung war ein 10-Punkte Aktionsplan der Europäischen Städtekoalition gegen RassismusRassismus Rassismus ist eine Form von Diskriminierung, bei der Menschen nicht als Individuen, sondern als Teil einer einheitlichen Gruppe mit bestimmten (meist negativen) Merkmalen und Charaktereigenschaften angesehen werden. Durch Rassismus wurden und werden Menschen aufgrund der realen oder vorgestellten Zugehörigkeit (beispielsweise zu einer Volksgruppe, Nationalität etc.) oder aufgrund äußerer Merkmale, einer bestimmten Religion oder Kultur vorverurteilt, ausgegrenzt, benachteiligt, unterdrückt, gewaltsam vertrieben, verfolgt und ermordet. vorausgegangen. Zu seiner Erfüllung setzte sich die städtische „AG Straßennamen“ für die Benennung öffentlicher Straßen, Plätze oder Wege nach diskriminierten oder verfolgten Personen ein. Neben dem „Ede-und-Unku-Weg“ existieren beispielsweise die „Nomi-Rubel-Straße“, benannt nach der deutsch-jüdischen Schriftstellerin, und der „Magnus-Hirschfeld-Weg“, einem Arzt und Mitbegründer der frühen Homosexuellen-Bewegung zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Am 1. März 2014 enthüllten die Stadtratsvorsitzende Beate Wübbenhorst und der Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper das Straßenschild mit der dazugehörigen Informationstafel. Die benötigten finanziellen Mittel wurden vom Stadtrat zur Verfügung gestellt. Der Enthüllungszeremonie war eine Kranzniederlegung durch Magdeburger Bürger*innen an der nahe gelegenen Gedenkstele am Flora-Park vorausgegangen. 

Die Straßenbenennung soll an Erna Lauenburger und die Schriftstellerin Grete Weiskopf alias Alex Wedding erinnern. Weiskopf verfasste 1931 den Roman „Ede und Unku“, in dem sie die Jugendfreundschaft zwischen der Sintiza Erna Lauenburger (Unku) und dem Arbeiterkind Ede schildert. Die Geschichte spielt in den späten 1920er Jahren zur Zeit der WeltwirtschaftskriseWeltwirtschaftskrise Am 24. Oktober 1929 brach die New Yorker Böse mit massiven Kurseinbrüchen zusammen. Am folgenden Tag erreichte das Finanzbeben die europäischen Börsen. Die infolge eintretende Weltwirtschaftskrise führt u.a. zu Firmenzusammenbrüchen und Massenerwerbslosigkeit. Zwischen September 1929 und Anfang 1933 stieg die Zahl der erwerbslosen Menschen im Deutschen Reich von 1,3 auf 6 Millionen an. Eine dramatische Massenarmut war die Folge. Die wirtschaftlich katastrophale Lage schwächte das Vertrauen in die Demokratie der Weimarer Republik, führte zu seiner gesellschaftlichen Spaltung und begünstigte den politischen Aufstieg der Kommunistischen Partei Deutschlands und vor allem der Nationalsozialisten.. Die beiden Protagonisten Ede und Unku sind authentische Personen und waren der Autorin bekannt. Die Sintiza Erna Lauenburger wurde am 4. März 1920 in Berlin geboren und später vom Zwangslager in Magdeburg aus nach Auschwitz deportiert. Am 2. Juli 1943 wurde Erna Lauenburger dort vom SSSchutzstaffel Die Schutzstaffel (kurz: SS) war 1925 als persönliche Leibwache Hitlers gegründet worden. Den höchsten Dienstgrad innerhalb der SS stellte seit 1934 der „Reichsführer SS“ dar. Bis 1945 nahm Heinrich Himmler diese Position ein. Unter seiner Leitung wurde die SS zu einer Eliteeinheit aufgebaut, die zum zentralen Instrument des staatlichen Terrors wurde. Die SS hatte im Rahmen der „Endlösung“ maßgeblichen Anteil am Völkermord an den europäischen Juden sowie den Sinti und Roma.-Lagerarzt Josef Mengele mittels einer Injektion getötet.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte

Janko Lauenberger/Wedemeyer, Juliane von: Ede und Unku – die wahre Geschichte. Das Schicksal einer Sinti-Familie von der Weimarer Republik bis heute, Gütersloh 2018.
Wedding, Alex: Ede und Unku, Berlin 2005.

Wir danken Harald Brünig, Freital/Dresden und Robert Richter/Magdeburg für die freundliche Nutzungserlaubnis der Abbildungen.

https://www.spiegel.de/geschichte/ddr-kinderbuch-was-wurde-aus-ede-und-unku-a-1243180.html am 6.11.2019
https://de.wikipedia.org/wiki/Erna_Lauenburger am 6.11.2019
https://www.volksstimme.de/nachrichten/magdeburg/1235678_Ede-und-Unku-Weg-in-Magdeburg-eingeweiht.html am 6.11.2019

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