Pirmasens, Klosterstraße

Erinnerungstafel für die Sinti-Kinder Anna und Robert Reinhardt
  • Erinnerungstafel für Anna und Robert Reinhardt (Foto: Markus Fuhser)
  • Bronze-Tafel mit QR-Code auf städtische Web-Inhalte (Foto: Stadt Pirmasens)

Kurzinformation

Erinnerungstafel für die Sinti-Kinder Anna und Robert Reinhardt

Beschreibung

Die Erinnerungstafel befindet sich in der Pirmasenser Stadtmitte an der Gebäudefassade in der Klosterstraße/Ecke Schlossstraße unweit des Eingangs zum Nardinihaus, nur wenige Schritte vom zentralen Schlossplatz entfernt.

Über einem QR-Code, der auf weitere Informationen verweist, lautet die Inschrift:

„Den Opfern des Nationalsozialismus
Hier lebten
Anna Reinhardt
geb. 19.01.1931
deportiert 18.03.1943 Auschwitz
ermordet
Robert Reinhardt
geb. 26.05.1928
deportiert 18.03.1943 Auschwitz
ermordet.“

Die Tafel erinnert an den damals 14-jährigen Robert und seine 12-jährige Schwester Anna, die seit 1936 im damaligen Nardini-Waisenhaus lebten, nachdem die NS-Behörden sie von ihren Eltern getrennt hatten. Auf der Grundlage des Auschwitz-ErlassesAuschwitz-Erlass Am 16. Dezember 1942 unterzeichnete Heinrich Himmler, der Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei, den sogenannten „Auschwitz-Erlass“, der die familienweise Deportation von Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau anordnete. Wenig später ergingen entsprechende Befehle für Österreich, den Bezirk Białystok, Elsass und Lothringen, Luxemburg, Belgien sowie die Niederlande. Ab Februar 1943 wurden annähernd 23.000 Sinti und Roma nach Auschwitz-Birkenau deportiert, der größte Teil (etwa 10.000 Männer, Frauen und Kinder) stammte aus dem Reichsgebiet. wurden die beiden im Frühjahr 1943 zusammen mit ihren Eltern und weiteren Familienangehörigen nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Entstehung

Die Anbringung der Erinnerungstafel wurde von Karola Streppel (Arbeitskreis Geschichte der Juden in Pirmasens) und von Bernhard Matheis, dem Oberbürgermeister der Stadt, unterstützt. Sie ist Teil des Pirmasenser Gedenkprojekts, das vom Stadtarchiv und dem Arbeitskreis „Geschichte der Juden in Pirmasens“ betreut wird. Das Projekt geht auf einen Beschluss des Stadtrats aus dem Januar 2013 zurück, eine Gedenkstätte zur lebendigen Erinnerung an die von den Nationalsozialisten verfolgten Bürgerinnen und Bürger zu schaffen.

Als erster Schritt konnte am 24. September 2014 ein zentrales Denkmal eingeweiht werden. Das vom Künstler Clas Steinmann (er entwarf auch das Gedenkzeichen für die Trierer Sinti und Roma) geschaffene Denkmal auf dem Bahnhofsvorplatz besteht aus zwei sich gegenüber stehenden Bronzepfeilern mit Nischen für vier eingesetzte Tafeln. Sie enthalten neben Texten auch QR-Code-Verweise auf eine städtische Internetseite mit den vier Themen „Gedenken: Ziel und Konzept des ganzheitlichen Ansatzes“, „Die Initiative: künstlerischer Wettbewerb“, „Interaktiver Stadtplan: Verweis auf zunächst zehn historische Standorte“ und „Einstieg in die Recherchearbeit: Möglichkeit für Beiträge zur Ergänzung und Erweiterung des Informationsmaterials durch aktive Recherchearbeit“.

Zum weiteren Konzept des Gedenkprojekts gehören inzwischen 40 dezentrale Erinnerungstafeln im Stadtgebiet, die dort an individuelle Schicksale erinnern, wo die Opfer gelebt und gearbeitet haben, und über Sachthemen informieren. Die Tafeln enthalten ebenfalls QR-Code-Verweise auf weiterführende Informationen sowie die Namen der Opfer. Durch diesen zeitgemäßen Informationstransfer sollen insbesondere junge Menschen erreicht werden. Die Stadt Pirmasens bietet im Rahmen eines begleitenden pädagogischen Konzepts an, Jugendgruppen und Schulklassen bei der Recherche und der multimedialen Aufbereitung von Einzelschicksalen zu unterstützen. Sie können so zu Paten einzelner Gedenktafeln werden.

Die Erinnerungstafel wurde im Rahmen einer Feierstunde gemeinsam von Oberbürgermeister Bernhard Matheis, der pädagogischen Leiterin des Nardinihauses Renate Gerlich, dem Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Dr. Michael Brünger und Michael Weiss vom rheinland-pfälzischen Landesverband der Sinti und Roma eingeweiht. Zum Abschluss seiner Absprache betonte er: „Ich hoffe, dass diese Gedenktafel dazu beiträgt, dass das Schicksal von Anna und Robert Reinhardt und ihren Eltern und Geschwistern unvergessen bleibt. Zuerst wurden sie ausgegrenzt, weil sie einer Minderheit angehörten, dann wurden sie planmäßig ermordet. An ihr Schicksal muss erinnert werden, wenn nationalistische und populistische Bewegungen die Spaltung der Gesellschaft immer weiter vorantreiben und lange Zeit selbstverständliche Errungenschaften der offenen demokratischen Gesellschaft zunehmend infrage gestellt werden.“ Anlässlich der Einweihung veranstaltete der Landesverband gemeinsam mit dem Arbeitskreis Geschichte der Juden und unterstützt durch die Stadt Pirmasens am 19. Mai 2018 im Forum Alte Post ein „Gipsy Swing“-Benefizkonzert mit Jermaine Reinhardt, Djano Reinhard und Freunden. Der Erlös ging an die Mallersdorfer Schwestern zur Unterstützung ihrer Arbeit mit Roma-Kindern in Rumänien.

Quellenangaben

Archiv Dokumentations- und Kulturzentrum, Heidelberg: Sammlung Gedenkorte
Archiv des Verbands Deutscher Sinti & Roma – Landesverband Rheinland-Pfalz, Landau

„Neue Form des Gedenkens an Opfer des Nationalsozialismus in der Stadt Pirmasens“, Pressemitteilung der Stadt Pirmasens vom 25.9.2014

https://www.pirmasens.de/leben-in-ps/kultur/gedenkprojekt/dezentrale-gedenkorte/klosterstrasse-1a/ am 26.02.2021

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und akzeptiert.